Das neue „Oettinger Land“ umfasst auf 486 Seiten 30 Beiträge zur Heimatgeschichte. Einer davon ist die Fortsetzung der 2014 begonnen „… Geschichte des „Kleinen Mannes“ im „Großen Krieg“.
Ein paar Wochen nur, dann ist alles vorüber. Kein großer Krieg, nein, ein paar Manöver, für die Soldaten ein „kostenloser Ausflug nach Paris“ – so versprach es die Regierung bei Kriegsbeginn. Die Menschen glaubten an den schnellen Sieg, als am 31. Juli 1914 König Ludwig III. über Bayern den Ausnahmezustand verhängte. Daraus wurde nichts: Viereinhalb Jahre später haben an die neun Millionen Menschen ihr Leben verloren, sind 21 Millionen verwundet, Millionen leben in Hunger und Elend.
Mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung lebte 1914 zu Beginn des Ersten Weltkriegs von der Landwirtschaft und ausgerechnet im August zur Erntezeit mussten die Männer ins Feld. Einer von ihnen war der Garchinger Matthäus Langschartner (Stadlerbauer in Ausleiten, Gemeinde Garching a. d. Alz). Seine Briefe von der Westfront in Frankreich geben eindrucksvoll Zeugnis über die Leiden der Menschen „im Felde“, wie beispielsweise der Brief vom 9. Januar 1915:
„Liebste Anna … Gestern früh 5 Uhr sind wir vom Schützengraben hereingekommen und wie – durchnäßt, vom Fuß bis zum Kopf voll Lehm. 2 Tage waren wir draußen, 24 Stund hats ununterbrochen geregnet. Die Unterstände sind meistens eingefallen, so bleibt einem nichts übrig als stehen bleiben wo du stehst, sonst versinkst. Als wir in den Graben die erste Kompanie ablösten gab´s manche köstliche Hindernisse, wir gingen im Laufgraben keine 50 m, jetzt steckt schon einer im Lehm, er bringt absolut seine Haxen nimmer raus, wieder einige Meter stecken schon wieder 2 im Lehm. Der wollte dem anderen helfen, jetzt stecken alle 2 drin, es war wirklich zum Lachen. Einer verlor seinen Stiefel ganz, der war einen Tag mit einem Stiefel im Graben. Zum Glück, hat er gesagt, hat´s von der Maschinengewehrabteilung einen eine feindliche Kugel tödlich getroffen u. so hat er von dem einen Stiefel bekommen.“
Die Briefe lassen auch an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig, etwa wenn er schreibt: “ 8 Tage freß ich mit der Sau, sagte neulich einer, wenn morgen Friede ist.“
Über 250 Feldpostbriefe und Karten Langschartners vom 7. August 1914 – „in München flatterten tausend von Taschentücher voll Jubel und Begeisterung“ schreibt er da – bis 6. November 1918 wurden ausgewertet, allein aus dem Berichtsjahr 1915 waren es 72.
Diese Frontberichte in Form von Briefen in die Heimat nehmen den Zahlen die Anonymität, wecken menschliches Mitgefühl und entlarven diesen „Tod für Kaiser, Volk und Vaterland“ als einen gigantischen und mörderischen Schwindel, für den kaum einer der Verantwortlichen jemals zur Rechenschaft gezogen wurde. Zu beziehen ist das Öttinger Land im Buchhandel sowie in den Geschäftsstellen des ANA.